FaFin: Markus, Du warst lange als Geschäftsführer am ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg tätig und hast ähnlich wie Walter Kern, auch Partner im FaFin, einen Quereinstieg in die Finanzbranche gewagt. Was waren für Dich die ausschlaggebenden Punkte, Dich selbstständig zu machen und das Fair Finance Institute zu gründen?
Markus Duscha: Am ifeu war ich ja 25 Jahre lang und hatte dort eine ganz tolle Zeit! Ich durfte erleben, dass unsere Arbeit viel Innovatives anstoßen konnte und wichtige Schritte für die Transformation mit auf den Weg brachte. Wie es übrigens die Arbeit des ifeus weiterhin tut! Als Ende der 2000´er Jahre die Finanzkrise die Weltwirtschaft erschütterte und Geld auch für den Umweltschutz knapper wurde, fing ich an, mich systematisch mit Fragen unseres Finanz- und Geldsystems zu beschäftigen. Eine schnelle, erschreckende Erkenntnis war, dass auch fast 30 Jahre nach der großen Nachhaltigkeitskonferenz in Rio Nachhaltigkeit im Finanzsystem fast keine Rolle spielte. Zwar gab es einzelne Pioniere, jedoch spielte das Thema in Regulierung, Standards etc. keine systematische Rolle.
Das war für mich der Ausgangspunkt zu fragen: Kann ich mit meinen eigenen beruflichen und weiteren Erfahrungen aus der Transformation des Energiesektors Beiträge leisten für eine Transformation des Finanzsektors? Ich nahm dazu bis 2014 an vielen Konferenzen der Finanzwelt teil. Aufgrund der super guten Gespräche über mögliche neue Strategien innerhalb der Finanzwelt merkte ich, dass es viele Chancen gibt, mein vorhandenes Transformations-Know-How auch dort wirksam werden zu lassen und weiter zu entwickeln. Meines Erachtens brauchte es dazu ein spezifisches Institut, was zu meiner Gründung des Fair Finance Institutes im Jahr 2016 führte.
FaFin: Was waren für Dich Erfolgsmomente im FaFin aus den letzten Jahren, in denen Du das Gefühl hattest, dass sich etwas hin zur Vision eines nachhaltigen Geld- und Finanzsystems bewegt hat?
Markus Duscha: Eine der ersten meiner Erkenntnis aus der Finanzkrise war, dass es – anders als im Umweltbereich – keine kritische NGO gab, die öffentlichkeitswirksam auf nötige Veränderungen im Finanzsystem hinwies. Ich begann mit anderen Interessierten, den Aufbau einer solchen NGO voranzutreiben (noch bevor es das FaFin gab). Dass es uns dann relativ schnell gelang, daraus die „Bürgerbewegung Finanzwende“ entstehen zu lassen, nahm ich als einen großen Motivationsschub für die Arbeit des FaFin mit. Recht schnell gab es für das FaFin die ersten Aufträge, unter anderem aus der Welt der öffentlichen Banken. Hier unterstützte ich zum Beispiel mittels Workshops und Beratungen, Klimaschutz-Know-How in die Entscheidungsprozesse der Banken zu integrieren.
Aufgrund meiner ifeu-Erfahrungen zum Klimaschutz wusste ich zudem um die große Bedeutung der Kommunen für die Transformation. Mit der 2018 begonnenen Veranstaltungsreihe „Future of Fair Finance – Sustainable Finance in die Region bringen”, mit „Lokalen Aktionsplänen Nachhaltigkeit finanzieren“ und dem Projekt „turnaround money – Kommunale Finanzen neue denken“ konnte FaFin auf der und für die kommunale Ebene Innovationen für Finanzthemen voranbringen. Natürlich hat sich seit etwas Mitte der 2010´er-Jahre auch auf EU-Ebene viel bewegt, insbesondere der „Aktionsplan Sustainable Finance“ hat Vieles angestoßen. In Deutschland gab es zudem über zwei Legislaturperioden den „Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung“, bei dem ich in der letzten Legislaturperiode als Mitglied mitgewirkt habe. Auch wenn es ganz aktuell leider starken Gegenwind gegen Nachhaltigkeitsthemen gibt und dennoch sehr viel zu tun bleibt, um Umwelt- und soziale Themen systematisch und praktikabel in der Finanzbranche zu verankern: Das Thema Nachhaltigkeit ist viel stärker in der Finanzwelt angekommen als zur Startzeit des FaFin!
FaFin: In der heutigen Zeit passieren so viele Dinge gleichzeitig, auch im FaFin – wenn Du aber eine Thematik herausstellen könntest, in welche Richtung würdest Du das FaFin weiterentwickeln wollen?
Markus Duscha: Da wir FaFin mit der Gründung der gGmbH Ende 2023 größer und breiter aufgestellt haben, möchten wir natürlich mehrere Themenfelder weiter voranbringen als das allein mit meiner Freiberuflichkeit zuvor ging. Das kommunale Handlungsfeld werden wir sicherlich weiter ausbauen. Ein super wichtiges Thema, noch zu wenig im Blick, ist es, wie wir Finanzen, Nachhaltigkeit und Digitalisierung gleichzeitig denken, gemeinsam voranbringen und damit viele Synergien heben können. Europa hat bezüglich Digitalisierung hier zwar nicht den besten Stand. In der Kombination dieser drei Themen liegen hier aber in meinen Augen riesige Chancen. Die Initiative „Conscious Fintech“, bei der ich seit 2017 mit im Boot bin, hat genau dort ihren Schwerpunkt. Das würde ich gern deutlich ausbauen. Inhaltlich werden wir zudem stärker auch zu Biodiversitäts- und sozialen Themen arbeiten, wie das mit Projekten von Gesa Vögele, meiner weiteren FaFin-Partnerin, schon begonnen hat. Es gibt also noch sehr viel zu tun. Ich freue mich sehr darauf, diese und weitere Themen mit dem FaFin-Team und unseren Kooperationspartnern weiter anzugehen!
Die Fragen stellte Kaya Feddersen.